Blockchain-Anwendungen, die globale Identität umsetzen könnten in den kommenden Jahren ein wirksames Mittel gegen den Menschenhandel sein. Daran wird schon heute gearbeitet.
„Das könnte der größte Armuts-Killer sein, den wir je gesehen haben“, Jim Yong Kim, Präsident der Weltbank.
Jedes dritte Kind auf der Welt existiert offiziell nicht, da seine Geburt nicht aufgezeichnet wird. Insgesamt leben zwischen 1,1 und 1,5 Milliarden Menschen ohne Identitätsnachweis. In westlichen Industrienationen wünschen sich manche Bürger, vom Radar des Staates zu verschwinden. Überall sonst ist behördlich nachgewiesene Identität ein Schutz. Zum Beispiel vor dem Schicksal, entführt und in die Sklaverei verkauft zu werden.
45,8 Millionen Menschen sind heute nach Angaben des World Slavery Index in einer Form der Sklaverei gefangen. Die meisten Sklaven gibt es in Indien mit über 18 Millionen, in Relation zur Einwohnerzahl sind Menschen in Nord-Korea am schlimmsten betroffen. Dort sind vier von 100 Menschen versklavt.
„Das ist nicht AIDS oder Malaria, sondern ein von Menschen gemachtes Problem, das gelöst werden kann“, sagt der australische Milliardär Andrew Forrest, Gründer des Slavery Index.
Eine der Gründe für den anhaltenden „Erfolg“ von Menschenhändlern liegt in der mangelnden Beweisbarkeit. Wie soll eine Behörde diese Verbrechen ahnden, wenn die betroffenen Familien nicht beweisen können, dass ihr geraubtes Familienmitglied überhaupt existiert? Um dies zu lösen haben die Vereinten Nationen die rechtliche Registrierung aller Menschen weltweit zu eines ihrer Ziele für 2030 ernannt. Sie nennen es ein fundamentales Menschenrecht.
Auch abseits der Sklaverei ist nachgewiesene Identität wichtig. Ohne sie gibt es keinen Zugang zu Medizinversorgung, Bildung, Wahlrecht und sozialer Unterstützung. Regierungen brauchen diese Nachweise, um überhaupt Sozialleistungen anbieten zu können. Es überrascht auch kaum, dass Frauen eher undokumentiert sind, als Männer. Registrierung bietet einen gewissen Schutz gegen Kinderheirat und Ausbeutung.

Menschenhandel: Blockchain-Anwendungen, die globale Identität umsetzen könnten in den kommenden Jahren ein wirksames Mittel gegen den Menschenhandel sein.
Um dieses UN-Ziel zu erreichen hat sich die Allianz ID2020 http://id2020.org/partnership/ gebildet. Sie gibt vier Merkmale für eine ideale Identitätsregistratur vor:
Persönlich: Einmalig für jede Person
Beständig: Existiert mit der Person bis zu deren Tod
Privat: Nur die Person selbst kann ihre Identität kontrollieren und auswählen, mit wem sie welche Information teilen möchte
Tragbar: Sie soll überall eingesehen werden können
Herkömmliche Registrierungen scheitern zumindest beim Merkmal „Privat“ und vielerorts auch, wenn die Person den Wohnort wechselt. Dazu kommt, dass in manchen Ländern die Behörden nicht vertrauenswürdig sind. Sie sollen zwar die Registrierung verwalten, aber nicht die Möglichkeit haben, Registrierungen zu löschen oder inhaltlich zu verändern.
Hier wird die Verwendung von Blockchain klar. Die Funktionsweise ist die gleiche wie bei Bitcoin. Anstatt eines Coins gibt es dann einen Personeneintrag. Die Behörden haben dann wahrscheinlich das Recht, Einsicht in die Daten zu nehmen. Aber sie gehören nur der jeweiligen Person.
Microsoft und Accenture sind der ID2020 Allianz beigetreten und entwickeln eine Blockchain-basierte Identitätsregistrierung. Der erste Prototyp von Accenture läuft auf Microsoft Azure, dem globalen Cloud-Speichersystem des Unternehmens. Es verwendet ein privates (also nicht öffentlich einsehbares) Blockchain-Protokoll der Enterprise Ethereum Alliance und verbindet es mit einem biometrischen System, das Fingerabdrücke und Iris-Scans hinzufügt.
Das biometrische System von Accenture wird bereits von der UNHCR bei der Registrierung von 1,3 Millionen Flüchtlingen eingesetzt. Microsoft arbeitet daran, im Entstehen befindliche Blockchain-ID-Lösungen dort zu integrieren.
Der Zeitrahmen für globale Identität ist von der UNO auf 2030 angesetzt. Technische Lösungen dafür müssten dementsprechend in den nächsten 3-5 Jahren entwickelt werden.