Der Smart Contract ist die Blockchain Technologie, die Anwälte überflüssig macht. Oder auch nicht.
Nick Szabo – möglicherweise der Erfinder von Bitcoin – beschrieb 1994 ein Novum, den Smart Contract. Die alternative Benennung macht eher deutlich, was dieser tut: Self-executing Contract = ein sich selbst erfüllender Vertrag.
Beispiel gefällig? Der 100 Jahre alte Vorläufer der sich selbst erfüllenden Verträge ist der Getränkeautomat. Er beinhaltet einen Logik, die man auch als Vertrag bezeichnen könnte:
„Wenn du 2 Euro einwirfst und den Knopf für „Almdudler“ drückst, dann bekommst du einen Almdudler.“
Die Maschine erfüllt den Vertrag automatisch, wenn die Bedingung 2 Euro gegeben ist. Diese Logik lässt sich in Programmier-Code ausdrücken und würde in etwa so aussehen:
If erhaltener-Geldbetrag == €2
&& Almdudler-Knopf-gedrueckt == yes
then gib Almdudler
Sobald sich ein Vertrag in Code übertragen lässt, nennt man ihn Smart Contract. Wo kann man diesen nun einsetzen? In der Blockchain. Dort ist der Contract ein Code, der Bedingungen für die Erfüllung festlegt und diese bei Erreichen automatisch durchführt. Es braucht zumindest zwei Parteien – einen der gibt und einen der erhält (Getränke-Automat und Kunde). Die beiden einigen sich auf die Bedingungen des Vertrags. Da dieser in der Blockchain für alle Beteiligten sichtbar ist, haben beide Parteien die Garantie, dass alles mit rechten Dingen zugeht.
Smart Contract auf Ethereum
Damit ein Smart Contract programmiert werden kann, braucht es eine Plattform dafür. Die erste und wichtigste ist die 2014 gegründete Ethereum. Dort können programmierbare Verträge aller Art in einer Blockchain gespeichert werden. Mehr dazu hier.
Die Würfel sind gefallen
Online-Casinos sind ein erstes Beispiel. Der Kunde sitzt vor einer Casino-Website und wettet auf Würfel. Woher weiß der Kunde, dass der Wurf nicht manipuliert ist, oder dass das Casino den Gewinn tatsächlich ausbezahlt? Gar nicht, er muss dem Casino vertrauen. Mittlerweile gibt es aber Smart Contract Casinos, wo der Kunde seinen Einsatz dem Code in der Blockchain gibt und das Casino den möglichen Gewinn ebenso. Der Code des Würfelns ist auch in der Blockchain. Gewinnt nun das Casino, transferiert der Code den Einsatz auf das Konto des Casinos und umgekehrt.
Vertraust du mir, vertrau ich dir (nicht)
Allein in Österreich gibt es 300.000 Einzelunternehmer. Sie finden Kunden, legen Angebote, führen ihre Dienstleistung durch, schreiben eine Rechnung und hoffen auf den Kontoeingang. Doch was, wenn der Auftraggeber nicht zahlt? Es gibt den schönen Spruch: Im Recht ist der Besitz 95% des Sieges. Wenn sich zwei Parteien streiten hat derjenige den größten Vorteil, der die Streitsumme hat. In unserem Fall der Auftraggeber. Es ist schwer, vor Gericht die Auszahlung der Streitsumme durchzusetzen. Natürlich geht der Fall auch umgekehrt, wenn der Auftragnehmer einen satten Vorschuss erhält und dann nicht liefert, ist der Auftraggeber im Nachteil.
Smart Contracts können dieses Problem lösen. Einerseits dadurch, dass Erfüllungskriterien objektiviert (messbar) werden. Wenn das nicht geht, dann dient der Blockchain Vertrag als Vermittler, der das Geld aufbewahrt. Sollte es dann zu einer rechtlichen Auseinandersetzung kommen, hat keiner den Besitz und somit keiner einen Vor- oder Nachteil.
Schaffe schaffe, Häusle bauen
Miet- oder Kaufverträge können in der Blockchain auf einer Immobilien-Plattform gespeichert werden. Damit werden die Verträge nicht obsolet, aber der beglaubigende Notar.
Zukunftsmusik
Sie haben ein Leasingauto und bezahlen die Raten nicht. Der in der Autosoftware eingebaute Smart Contract registriert das Versäumnis, sperrt Sie aus dem Auto aus und schickt der Leasingbank den Standort, wo sie es abholen kann. Spätestens, wenn wir aus unserer Wohnung ausgesperrt werden, wenn wir die Miete vergessen haben, wird dieser Gedanke beunruhigend.
Warum Rechtsanwälte nicht um ihr Business fürchten müssen
Smart Contracts sind vielerorts nur Theorie und haben eine Reihe von Schwachstellen:
- Der Contract ist nur so gut, wie der Mensch, der ihn programmiert. Programmierfehler können zu fehlerhaften Auszahlungen führen, die nicht wieder gut zu machen sind.
- Diese Verträge sind unumkehrbar.
- Ein Vertrag, der nicht in Code umgesetzt werden kann, ist nicht für die Blockchain geeeignet.
- Heute können nur einfache Verträge Smart gemacht werden. Sozusagen die Fälle, wo es auch heute keine Anwälte braucht.
- Sozialer Kontext wird nicht berücksichtigt.
- Ist Code Recht? Dies gilt es noch zu klären.
Externe Links:
Smart Contracts von Nick Szabo: https://perma.cc/V6AZ-7V8
Übersicht über SCs: http://internetofagreements.com/files/InternetOfAgreements.pdf