Doch die Reise ist noch nicht zu Ende, die Entfernung lässt sich noch vergrößern. Die Nationalstaaten setzen wie bekannt die Nationalbank ein, um den Geldfluss zu steuern. Sie druckt oder vernichtet Geld. Bisher korreliert der Geldumlauf mit dem Besitz von Gold, das nennt man den Goldstandard. Damit garantiert das Land den Wert der eigenen Währung. Besitzer könnten damit theoretisch ihre Münzen oder Banknoten in Gold eintauschen.
Wie wir gesehen haben, gibt es seit Banküberweisungen und Privatkrediten (zumindest) zwei Geldwerte, das tatsächlich im Umlauf befindliche sowie die Summe aller Bankeinlagen und Kredite. Die Wirtschaft floriert durch mehr Geld, doch die Nationalbank ist weiterhin durch das Edelmetall begrenzt. Wenn der Staat also mehr Geld braucht oder die Wirtschaft nach mehr Krediten dürstet, dann ist der Goldstandard hinderlich. (So wie auch die Münzen im Keller der Wisselbank eigentlich hinderlich sind)
1914 brauchen die Nationalstaaten Europas mehr Geld um einen vermeintlich kurzen Krieg zu finanzieren. Um mehr Geld drucken zu können, als sie Gold besitzen beschließen die Länder einfach, den Goldstandard auszusetzen. Nach 1922 wird der Goldstandard wieder eingesetzt, doch bald ist klar, dass er nicht mehr für Stabilität sorgt. Stück für Stück wird der Standard ausgehöhlt bis die USA 1971 erklärt, den Dollar vom Gold endgültig abzukoppeln. Die Verbindung von Geld und Metall ist damit beendet.
Doch was bedeutet die Abkopplung von Geld und Edelmetall? Einerseits haben die Nationalbanken mehr Spielraum in der Steuerung des Geldflusses und schaffen damit größere Stabilität. Andererseits riskieren Sie einen Kollaps bei völligem Kontrollverlust, da sie die eigene Währung nicht ausreichend durch Gold stützen können. Bisher scheint das System im Großen und Ganzen zu funktionieren. Selbst die Folgen der Immobilienkredit-Katastrophe 2007/08 hat nicht zu einer Rezession wie in den 1920/30er Jahren geführt.
Zusammenfassend ist für das Verständnis von Bitcoin folgendes wichtig: Euro, Dollar und Rubel werden genauso gehandelt wie Bitcoin. Wir, die Besitzer unserer Geldscheine haben keine Kontrolle über deren Wert. Ob wir für unser Geld viel oder wenig kaufen können, liegt in der Hand von Nationalbank, Finanzministerium und große Spekulanten wie Warren Buffet oder George Soros, die durch ihre Wetten ganze Währungen in die Knie zwingen können. Währungen haben heute keinen realen Gegenwert mehr, sondern einen virtuellen, den die Besitzer ihnen geben. Zusammengehalten wird das ganze nahezu ausschließlich durch Vertrauen.
Mangel an Kontrolle, kein realer Wert, rein auf Vertrauen basierend: das sind einige der Vorwürfe die Kritiker der Kryptowährung Bitcoin machen. Dabei funktionieren nationale Währungen gar nicht so verschieden. Zauderer betrachten einen 10 Euro Schein und sagen: „Da habe ich wenigstens etwas in der Hand.“ Dabei hat das Papier überhaupt keinen Wert. Der Autor kann das selbst bezeugen. Er besitzt noch 200 Rubel des von der Republik Moldau abtrünnigen Gebietes Transnistrien). In Transnistrien kann mit diesen Rubeln anstandslos bezahlt werden. Außerhalb der Gebietsgrenzen sind sie wertlos, da keine Wechselstube sie umtauschen würde.
Die kurze Geschichte des Geldes zeigt uns, dass es eine Evolution der Wirtschaft gibt: Vom Tauschhandel zur Münze zum Bankkonto, zum Kreditwesen, zur völligen Abkopplung des Geldes vom Edelmetall zur Kreditkarte und der bargeldlosen Online-Überweisung. Bitcoin ist einfach der nächste logische Schritt.
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