Das neue Finanzinstrument Geld brachte vor allem eins: Wachstum für jene Völker, die es zum Handeln nutzen. Zuerst Babylonier, Griechen und Phönizier, dann die Römer. Kein Reich ohne Geld. Doch die Bindung des Geldes an seltene Metalle führt bald zu einer Grenze des Wachstums. Denn wenn der Wert von Gütern in Gold, Silber und Bronze aufgewogen wird, dann muss mehr Metall gefunden werden, um mehr Güter zu produzieren und zu verkaufen.
Die Jahrhunderte des Mittelalters gelten als Zeiten der wirtschaftlichen Stagnation in Europa. China und die arabischen Reiche nehmen wirtschaftlichen Aufschwung, sie saugen die wertvollen Metalle ab und lassen Europa mit Geldknappheit zurück.
Geld ist wie jedes Gut Wertschwankungen unterlegen. Bleibt die Anzahl an Gütern gleich, während mehr Geld auf dem Markt kommt, dann verliert das Geld an Wert, die Güter werden in Bezug auf den Geldwert teurer. Das nennt man Inflation. Der umgekehrte Fall – gleiches Geld aber mehr Güter bzw. gleiche Güter aber weniger Geld – nennt man Deflation. Die Güter werden billiger.
Als vereinfachtes, mathematisches Beispiel: Am Markt der mittelalterlichen Kleinstadt sind 100 Leibe Brot vorhanden (und für dieses Beispiel kein anderes Gut). Die Bürger, die zum Markt strömen verfügen in Summe über 100 Silberdenare. Der Preis wird mit einem Denar für einen Leib Brot festgesetzt. Der Markt ist in Balance, alle Denare können in Brot getauscht werden. Dann holt der Besitzer der örtlichen Mine überraschend Silber im Wert von 100 Denaren aus dem Stollen und geht damit zum Markt. Jetzt sind 200 Denare am Markt für 100 Leiber Brot. Wenn das Brot weiterhin 1:1 getauscht wird, dann sind die Güter weg, bevor das Geld aus ist. Der Minenbesitzer nutzt daher seine Marktmacht und bietet zwei Denare für einen Leib Brot. Alle anderen folgen, damit sie am Ende des Brotes nicht leer dastehen. Das Brot wird im Endeffekt doppelt so teuer, die Inflationsrate ist also 100%. Zuviel Geld am Markt ohne Gegenwert ist also schlecht für den Markt.
Umgekehrt sieht das Bild so aus: Von den 100 Denaren kaufen die Bürger für 50 Denare Pfeffer von einem arabischen Händler. Dieser hat kein Bedarf an Brot, so nimmt er das Geld und zieht seines Weges. Der Pfeffer wird aufgebraucht. Jetzt gibt es am Markt nur mehr 50 Denare für 100 Leibe Brot. Mit der Tauschrate von 1:1 bleibt der Bäcker auf 50 Leib Brot sitzen und sie verschimmeln während die Bürger hungern. Er wird also den Preis auf einen halben Denar reduzieren, damit die hungrigen Kunden ihn nich lynchen. Das ist die Deflation. Hier bringt sie ein reales Problem des Mittelalters mit sich: Es gibt keine Münzen, die einen halben Denar wert sind. Der Bäcker kann nur einen Denar gegen 2 Brote herausgeben. Die Währung des Mittelalters verfügt nicht über das oben genannte Merkmal: teilbar. Je weniger Münzen am Markt sind, desto schwerer lässt sich damit handeln. Eingeschränkter Handel führt zum Schrumpfen der Wirtschaft und des Lebensstandards. Dies geschieht in ganz Europa. Geld wandert nach Arabien ab und es wird nicht genug Metall gefunden, um den Schwund wieder aufzufangen. Das Ergebnis: Wirtschaftsleistung und Lebensstandard sind im Jahr 1400 nahezu gleich wie im Jahr 400 nach Christus.
Hier gibt es zwei Merksätze, die uns bei Bitcoin helfen: Geld steuert den Markt. Geld ist mal mehr und mal weniger Wert, wer es sich leisten kann, nutzt es für Spekulation. In Zeiten der Inflation hortet man Geld, in Zeiten der Deflation kauft man Güter.
Also published on Medium.