Güter, Münzgeld, kommerzieller Banktransfer: die globale Wirtschaft nimmt Fahrt auf. Jetzt gilt es, sich vom Diktat des Metalls zu befreien. In der Mitte des 17. Jahrhunderts werden die Banker langsam unzufrieden mit den im Keller herumliegenden Reserven. Geld soll arbeiten. Das Vertrauen der Kunden in die Banken ist gefestigt: was, wenn die Reserven reduziert werden auf genau den Betrag, der im Schnitt als Bargeld von Kunden abgehoben wird? Was könnte man mit dem Rest tun? Man könnte es verleihen.

Hier dreht sich eine Logik um, die selbst heute noch vielen Bankkunden Schwierigkeiten bereitet. Die Einlagen der Kunden auf der Bank sind für diese etwas schlechtes, denn sie zahlen dafür Zinsen. Jeden Tag werden Einlagen in der Bank weniger. Geld aufs Konto zu legen macht den Kunden nicht zu einem guten. Besser ist es, wenn er einen Kredit hat. Denn wertvoll ist für die Bank nur der Kredit für den sie höhere Zinsen nimmt, als sie für Spar-Einlagen gibt.

Mit der Erfindung des Kredits für Geschäftstreibende verdoppelt sich auf wundersame Weise das verfügbare Geld. Wie das geht? Der Hufschmied zahlt 100 Florin auf sein Konto ein. Er braucht es jetzt nicht, also verwendet er es, um von der Bank Sparzinsen zu bekommen. Die Bank gibt dem Bäcker einen Kredit über 100 Florin und nimmt genau jene Florin, die sie vom Hufschmied bekommen hat. Der Bäcker kann jetzt vom Ofenbauer einen neuen Ofen kaufen und damit Geld verdienen. Der Ofenbauer bringt die 100 Florin auf die Bank. Wenn der ursprüngliche Hufschmied sein Geld abhebt, nimmt die Bank die 100 Florin vom Ofenbauer. Ohne dem Kreditwesen wäre bei der Einlage des Hufschmieds Schluss gewesen und weder der Bäcker noch der Ofenbauer könnten ihr Geschäft betreiben. Die Oma hatte also unrecht als sie uns immer wieder sagte: nur ja keinen Kredit aufnehmen!

 

Unser Merksatz für Bitcoin: Sobald Geld „virtuell“ – also in den Büchern der Bank – existiert, kann es mehrfach genutzt werden.

 

Jetzt bringen wir das noch einen kleinen Schritt näher an die Realität. Ein weiteres Beispiel: Die Europäische Zentralbank in Brüssel druckt 100 neue Euro. Wir gehen davon aus, dass sie 10% davon als Reserve behalten muss, damit sie was hat, wenn sie was braucht. 90% kann die Zentralbank verleihen. Eine private Bank nimmt also bei der Nationalbank einen Kredit über die gesamte übrige Summe, also 90 Euro auf. Auch diese Bank behält 10% als Reserve (9 Euro) und verleiht den Rest – 81 Euro – weiter. Nach dieser Verleihungskaskade haben wir jetzt zwei verschiedene Geldwerte: Einerseits hat die Nationalbank nur 100 Euro gedruckt. Diese 100 sind im Umlauf. Andererseits wird in diesem System mit 271 Euro (100+90+81) gearbeitet. Und für 171 Euro (jene der privaten Bank und des privaten Kreditnehmers) werden Zinsen generiert.

In ersten Kapitel haben wir zwei Zahlen erwähnt, die sich mit dem Kreditbeispiel erklären lassen:

28 Billionen Dollar: alles Geld der Welt, also Münzen, Scheine und Bankkonten

199 Billionen Dollar: alle Schulden der Welt

Aus 28 Billionen Dollar Geld werden 199 Billionen Kredit gemacht. Das ist die Magie des Kreditwesens.

 

Die Magie hält allerdings nur bis zu einem Sturm auf die Banken. Wenn jetzt die Nationalbank von der privaten Bank den Kredit plötzlich zurückfordert, muss letztere das Geld vom Kunden holen. Aus den 271 Euro sind plötzlich wieder 100 geworden. Damit genau das nicht passiert, steuern Nationalbanken den Geldkreislauf ihrer jeweiligen Währung. Sie tun dies einerseits durch das begrenzen oder vermehren der Geldmenge (Geld drucken oder verbrennen, führt zu Inflation oder Deflation) und andererseits durch den Zinssatz, zu dem sich Banken Geld von der Nationalbank leihen können. Senken sie den Zinssatz, wird es für Banken günstig, Kredit aufzunehmen. Es kommt also mehr Geld in Umlauf. Bei steigenden Zinsen passiert das Gegenteil.

 

Der nächste Merksatz für Bitcoin: Mit jedem neuen, auf einem alten aufbauenden Finanzinstrument entfernt sich die Gesamtmenge an Geld vom Gesamtwert aller Güter.


Also published on Medium.

Share.

Leave A Reply